[Single] Heimwärts

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[Single] Heimwärts

Beitragvon Neva » Sa 18. Mai 2013, 23:34

Sie umfasste den kräftigen Ast mit beiden Händen, drückte sich ab und zog sich hinauf. Dann griff sie um, hielt sich mit der Linken am Baumstamm und mit der rechten Hand an einem dünneren Ast über ihrem Kopf fest. Er ließ sich gut greifen, sodass sie sich sicher aufrichten konnte. Auf dem starken, stabilen Ast balancierend, blickte sie sich nach einer Stelle um, an der sie weiter hinaufsteigen konnte, und entdeckte eine vielversprechend aussehende Gabelung im Stamm. Sie setzte den Fuß hinein, fasste um und zog sich hinauf. Von dort aus einen Schritt zur Seite, auf einen weit ausladenden Ast, und dabei bloß gut festhalten. Die dünnen, glatten Äste lagen angenehm in der Hand, hatten genau die richtige Breite. Sie verharrte einen Moment und holte Luft. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals.

„Das ist verrückt, ich fliege 200 Meter hoch auf deinem Rücken, bestenfalls gesichert durch ein paar Lederriemen, und trotzdem bekomme ich Herzrasen, wenn ich drei Meter auf einen Baum klettere!“

Die weiße Greifin unter ihr hob den Kopf und gurrte amüsiert.

„Bestimmt vertraust du mir mehr als dem Bäumchen da. Außerdem betreibst du auf meinem Rücken meistens nicht solche Verrenkungen.“

Eben lehnte sie sich halb um den Baum herum, ihre linke Hand fest einen dünnen Ast umklammernd und mit dem linken Fuß auf einem anderen, kräftigeren stehend, während sie mit dem rechten Fuß sicheren Stand suchte, um die nächsthöhere Ebene ihres Ausgucks erklimmern zu können. Nun hangelte sie sich hinüber, schlang beide Beine um den Ast, den sie sich ausgesucht hatte, und zog sich hoch.

„Wir könnten das aber gerne mal ausprobieren, wenn du möchtest.“

Sie grinste, als die Greifin zur Antwort den Kopf abwandte und sich wieder in aller Seelenruhe ihrem Mittagsmahl widmete. Dann fuhr sie fort, den Baum zu ersteigen, den sie sich als Ausguck erwählt hatte. Nachdem sie noch gut einen Meter weiter hinaufgelangt war und keinen höheren Ast mehr fand, dem sie ihr Gewicht anvertrauen wollte, erlaubte sie sich endlich einen Blick durch das Blätterdach hinaus in Richtung Meer – und in Richtung Zuhause.
Was Neva sah, ließ ihr Herz einen kleinen Hüpfer machen. Wo andere nur ein unbedeutendes Dörfchen im Speckgürtel von Port Amun sehen würden, sah sie die Häuser, in denen die besten Freunde aus ihrer Kindheit gewohnt hatten, und das Haus, in dem sie selbst bis zu ihrem siebten Lebensjahr aufgewachsen war. Die Straße, in der sie immer Murmeln oder das Hüpfspiel gespielt hatten, wurde von der Mittagssonne beschienen. Und wenn sie genau hinsah, konnte sie auch die Töpferei ihres Vaters erkennen. Endlich waren sie da!

„Ich sehe das Dorf!“,

teilte sie ihrer Partnerin begeistert mit und ließ sie auf telepathischem Wege dasselbe sehen, was Neva von ihrem Platz in der Baumkrone aus sah.

„Es ist höchstens noch eine Wegstunde! Komm, lass uns weitergehen!“

So schnell sie konnte, kletterte sie von ihrem Ausguck wieder herab, landete sanft im Gras und machte sich daran, ihr Gepäck wieder anzulegen. Als sie den leicht belustigten Blick Saphiras spürte, hielt sie inne.

„Was ist?“

„Willst du nicht vielleicht zuerst etwas essen? Du hast schon das Frühstück ausfallen lassen, weil du es so eilig hattest!“

„Ach was, essen! Dafür ist später noch genug Zeit! Komm schon! Heute Abend kann ich dir endlich meine Familie vorstellen!“

Nun, eigentlich hatte sie schon ziemlichen Hunger, aber das konnte sie ja jetzt schlecht zugeben. Außerdem wollte sie wirklich schnell weiter. Nachdem man sie und die anderen Novizen endlich in die Sommerpause entlassen hatte, war Neva Feuer und Flamme gewesen, endlich mit ihrer Partnerin in die Heimat aufzubrechen und Saphira und ihre Familie miteinander bekannt zu machen. Auch freute sie sich darauf, selbst wieder Zeit mit ihrem Vater und ihren Geschwistern zu verbringen. Zwar schrieb sie ihnen regelmäßig lange Briefe, doch gesehen hatten sie sich nun seit einem ganzen Jahr nicht mehr, und entsprechend groß war die Vorfreude. Die Greifin hatte sofort begeistert eingewilligt, das kleine Stranddorf kennen zu lernen, in dem ihre Partnerin geboren worden war und ihr halbes bisheriges Leben verbracht hatte. So hatten sie sich kurz darauf aufgemacht und waren nun bereits seit zwei Tagen unterwegs.

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Re: [Single] Heimwärts

Beitragvon Neva » So 19. Mai 2013, 23:27

Eine sanfte Brise wehte Neva entgegen, als sie die Düne erklomm. Der Geruch des Meeres stieg ihr in die Nase, auch wenn sie das Meer selbst nicht sehen konnte. Glücklich vergrub sie ihre nackten Füße im weichen Sand und wandte sich zu ihrer Partnerin um. Als Saphira sie eingeholt hatte, hob sie den Kopf und hielt ihn in den Wind. Die Greifin war noch nie am Meer gewesen, daher war der unverkennbare Duft für sie ebenso neu wie das entfernte Rauschen der Wellen. Neva wartete schon gespannt darauf, was ihre Partnerin erst sagen würde, wenn sie die See zum ersten Mal auch sehen würde. Aber zunächst gab es noch etwas anderes zum ersten Mal zu sehen. Das kleine Dörfchen lag zu ihren Füßen. In einer Senke zwischen mehreren von Strandhafer bewachsenen Dünen verteilten sich kleine Häuser und Gässchen gleichmäßig. Die meisten Dächer waren mit Stroh oder Reet gedeckt, und aus den ersten Schornsteinen drang bereits Rauch in den Himmel. Soeben versank die Sonne rotglühend hinter den Dünen zu ihrer Rechten, und am Ende eines langen, geschäftigen Tages machte man es sich nun in seiner Wohnung gemütlich oder ging in die Taverne.
Glücklich blickte Neva das schöne weiße Geschöpf neben sich an. Der Wind, der ihnen entgegenwehte, drückte ihr das Gefieder dicht an den Körper, während sie die Heimat ihrer Partnerin interessiert beäugte.

„Das sieht schön aus. Wollen wir nicht endlich hinuntergehen?“,

fragte diese dann auch unvermittelt. Das Mädchen lächelte.

„Wer zuletzt unten ist, schläft heute Nacht auf dem Fußboden!“

Damit rannte sie los, stürmte in die Senke hinunter, so schnell ihre nackten Füße sie trugen, rutschte durch den feinen Dünensand, stolperte, überschlug sich und rollte das letzte Stück hinab. Lachend blieb sie direkt vor Saphiras Füßen liegen. Vier Füße trugen einen schneller vorwärts als zwei, und mit ausgebreiteten Flügeln hatte sie sich vor dem Stolpern geschützt. Nun stupste sie das Mädchen sanft in die Seite.

„Du bist ein Spielkind! Und außerdem schläfst du auf dem Boden“,

Neckte sie sie.

„Na super.“

Ächzend ließ sich Neva wieder in den Sand fallen. Dann fiel ihr wieder ein, wo sie war, und sie sprang auf die Füße. Hastig sammelte sie ihre verstreuten Habseligkeiten wieder ein, die aus der Tasche gefallen waren. Direkt am Fuß der Düne begann die Hauptstraße, wenn man es denn so nennen wollte. Sie führte quer durchs Dorf und war ein Nebenarm der großen Handelsstraße zwischen Shirga und Port Amun. Und auf eben dieser Straße betraten sie nun also Nevas einstige Heimat.

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Re: [Single] Heimwärts

Beitragvon Neva » Fr 14. Jun 2013, 20:54

Als sie an den kleinen Hütten vorbeigingen, die im Dämmerlicht schon undeutlich wurden, fing Nevas Herz an, wie wild zu schlagen. Was hatte sie hier schon alles erlebt… Da drüben, dort hatte ihre beste Freundin gewohnt. Sie musste sie unbedingt besuchen, wenn sie noch hier lebte. Und dort war die kleine Taverne, in der ihre Eltern sich kennen gelernt hatten – Wie oft waren sie dort abends einst mit der ganzen Familie hingegangen, um zu feiern… Sie lächelte, als sie der geöffneten Tür näherkamen und ihnen ein angenehmer Duft von warmem Brot, frischem Bier und starkem Wein in die Nase stieg. Nein, jetzt nicht sentimental werden!, ermahnte sie sich.

„Da haben sich meine Eltern kennen gelernt“,

erklärte sie ihrer Partnerin stattdessen und nickte zu dem Gebäude hinüber. Dann zögerte sie. Sollten sie kurz hineingehen? Es wäre immerhin schön, all die vertrauten Gesichter wiederzusehen und in der gemütlichen Gaststube alte und neue Geschichten zu erzählen. Doch ihr schwante, dass sie dort nicht so schnell wieder wegkommen würden, wenn sie einmal hineingegangen waren – Gewiss würden sie alle „ihre“ Sidhe-Novizin bewundern und mit Fragen bestürmen wollen. Es war in so einem kleinen Dorf schon etwas Besonderes, dass dort eine Sidhe geboren wurde, und so waren sie alle stets sehr interessiert an dem, was Neva aus der großen Stadt zu erzählen hatte, und brannten darauf, ihr wichtige Ratschläge und Weisheiten mit auf den Weg zu geben. Nicht, dass ihr das nicht durchaus geschmeichelt hätte, aber sie wollte gern so schnell wie möglich ihre Familie wiedersehen. Und nun, da sie auch noch von Saphira begleitet wurde, würde man sie kaum vor Mitternacht wieder entlassen, und selbst dann nur widerwillig. Nein, es war wohl wirklich besser, wenn sie das auf einen anderen Tag verschoben. Bei dem verführerischen Duft knurrte ihr Magen, und die Greifin warf ihr einen belustigten Seitenblick zu.

„Ich hatte kein Mittagessen!“,

verteidigte sie sich. Dabei wechselte sie vorsorglich in die Gedankensprache, um die Tavernenbesucher nicht doch auf sich aufmerksam zu machen.

„Tja, selbst schuld!“

„Lass mich!“

„Warum denn? Wenn du es mir schon so anbietest?“

„Ich wette, bei uns gibt es gleich das beste Abendessen der Welt! Da kann ich mich doch nicht schon vorher so vollstopfen!“

„Vollstopfen?! Du wolltest ja nicht mal einen Apfel essen!“


Mit einer wegwerfenden Handbewegung beendete sie das stumme Gespräch und stapfte voraus. Dabei unterdrückte sie ein Grinsen. Saphira hatte ja Recht, das wusste sie genauso gut wie ihre Partnerin, aber man musste es ja deswegen nicht auch noch zugeben!
Nachdem sie die Tür der Schenke – glücklicherweise ungesehen – passiert hatten, wurden die Stimmen schnell leiser und auch der Duft ließ nach. Stattdessen roch sie nun nur noch die kühle Abendluft. Als die Weiße wieder aufgeschlossen hatte, bogen sie in eine der Seitengassen ein. Mit sich und der Welt zufrieden, sah Neva sich um. Zwei Straßen weiter erblickte sie endlich das Haus ihrer Kindheit.

„Da bin ich aufgewachsen. Das Fenster oben links gehörte zu unserem Zimmer. Aber Calantha hatte den Fensterplatz. Ich war rechts neben der Tür und Linus links. Dann war es zwar etwas eng, aber auch unglaublich gemütlich.“

Sie lächelte. Saphira gehörte zu den wenigen, die es ohne zu klagen hinnahmen, wenn sie von sich erzählte, insbesondere von ihren geliebten Geschwistern. Interessiert legte sie den Kopf schief und beobachtete das Gebäude, dem sie sich nun näherten.

„Ich glaube, inzwischen ist Linus zu Vater umgezogen. Das hat er mir mal geschrieben. Weil meine Mutter ja so selten zuhause ist, und dann hat er gesagt, sie könnten sich ja auch ein Zimmer teilen, damit es abends nicht so einsam ist. Und meine Schwester hat dadurch mehr Platz für sich.“

Nun deutete sie auf das Fenster neben dem ihres Kinderzimmers.

„Oben ist außerdem noch das Zimmer meiner Eltern und ein kleiner Wohnraum. Und unten ist natürlich Vaters Töpferei, dahinter haben wir eine Küche und den Waschraum. Den Brunnen teilen wir uns mit den Nachbarn und den Leuten von gegenüber. Sie haben immer gesagt, wir hätten Glück, dass wir einen eigenen Brunnen hätten und nicht nur einen Dorfbrunnen… Aber jetzt komm, den Rest kann ich dir auch noch später erzählen. Lass uns reingehen!“

Sie überbrückte die letzten fünfzig Meter bis zum Haus im Laufschritt, während ihre Partnerin ihr einen liebevollen Blick zuwarf und ihr folgte.

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Re: [Single] Heimwärts

Beitragvon Neva » So 21. Jul 2013, 21:38

Neben dem Eingang hing ein hübsches Schild mit der Aufschrift „Töpferei“. Neva legte ihre Hand sanft, fast schon liebevoll auf den Türgriff und drückte ihn geräuschlos herunter. Als die alte, massive Holztür aufschwang, verkündete ein kleines Glöckchen ihren Eintritt. Bei diesem vertrauten Geräusch machte Nevas Herz einen kleinen Freudenhüpfer. Dann hörte sie noch ein anderes, ebenso vertrautes Geräusch: Das Schleifen der Töpferscheibe im Nebenraum. Sie lächelte. Hätte sie es sich ja denken können, dass ihr Vater noch arbeitete. Andere Leute schliefen schon oder verbrachten den Abend mit ihren Familien, doch wenn ihr Vater sich in seine Werkstatt setzte, war er oft so sehr in die Kunst vertieft, dass er nichts um sich herum wahrnahm. Nun jedoch verstummte das Gerät. Leise trat Neva in den kleinen Verkaufsraum und sah sich um. Zuhause! An den Wänden drängten sich Regale mit Töpfen, Schalen, Bechern, Krügen, Vasen. Aber auch hübsche Skulpturen und andere Dekoration standen dazwischen. Einige der Objekte waren schlicht, andere mit den schönsten und vielfältigsten Farben bemalt, mit Mustern oder ganzen Motiven. Als sie umherging und die ausgestellten Stücke begutachtete, hörte sie es hinter sich klappern, dann erschien ihr Vater in der Tür zu seiner Werkstatt.

Corvin Shingar war ein recht kleiner Mann, nur kaum eine Handbreit größer als seine fünfzehnjährige Tochter. Das ständig zerzauste, schwarze Haar fiel ihm bis auf die stämmigen Schultern, der Bart war dagegen sauber gestutzt. Lachfältchen umgaben seine Augen und Mundwinkel, was ihm einen stets vergnügten Ausdruck verlieh. Jetzt blickte er allerdings vor allem verwundert drein. Gewiss hatte er so spät nicht mehr mit Kundschaft gerechnet. Als er seine Tochter sah, wurde das Erstaunen jedoch schnell von einem strahlenden Lächeln abgelöst.

„Neva! Wie schön, dass du da bist!“,

lachte er, wischte sich hastig die tonbeschmierten Hände an seiner Schürze ab und breitete die Arme aus. Neva nahm das als Aufforderung, ihm stürmisch um den Hals zu fallen und ihn fest an sich zu drücken.

„Ich hab dich vermisst“,

sagte sie leise. Dann löste sie sich aus seinen Armen und blickte ihm ins Gesicht, in die aufmerksamen blauen Augen, die sie von ihm geerbt hatte.

„Ich will dir jemanden vorstellen“,

erklärte sie lächelnd und wandte sich um. Erst jetzt sah sie, dass Saphira ihr nicht ins Haus gefolgt war. Sie runzelte die Stirn. Dann ging sie zurück zur Eingangstür und steckte den Kopf nach draußen. Dort saß ihre Partnerin in aller Seelenruhe und putzte sich. Als sie die Novizin bemerkte, sah sie auf und blinzelte freundlich.

„Ich wollte euch erst ein bisschen Zeit geben, einander zu begrüßen. Kann ich reinkommen?“

„Na klar, beweg dich! Ich will dir meinen Vater vorstellen!“

Damit hielt sie der weißen Greifin die Tür auf und ließ sie in den Raum eintreten. Diese ließ geschwind einmal den Blick schweifen, ehe sie ihn auf Nevas Vater richtete. Der lächelte, blickte dabei jedoch leicht verunsichert. Er hatte einen gesunden Respekt vor Greifen – Man durfte schließlich nicht vergessen, dass sie Raubtiere waren, und auch entsprechend ausgestattet: Mit einem Schnabel, der das zäheste Fleisch mühelos in Stücke reißen konnte, und Pranken, die auch eine noch so robuste Beute verletzen und töten konnten. Andererseits blickte sich konkret dieses Exemplar gerade neugierig in seiner Heimstatt um und machte nicht im Geringsten den Eindruck, es wolle ihn in näherer Zukunft zerfleischen.

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Re: [Single] Heimwärts

Beitragvon Neva » Di 23. Jul 2013, 09:54

Neva blickte wohlwollend von dem einen zum anderen.

„Vater, das ist meine Partnerin Saphira. Und das ist mein Vater, Corvin.“

Letzterer zögerte noch immer, also beschloss Saphira, den ersten Schritt zu machen, indem sie langsam auf ihn zuging und sich dann vor ihm zu Boden legte, um eine weniger erschreckende Haltung einzunehmen. Dann öffnete sie den Schnabel und erklärte freundlich:

„Es ist schön, dich endlich kennen zu lernen. Neva hat mir erzählt, dass du ein sehr guter Vater bist… Es ist doch in Ordnung, wenn ich dich duze?“

Auch sie war ein bisschen unsicher, das fühlte Neva, doch sie ließ es sich nach außen nicht anmerken. Telepathisch teilte sie der Partnerin mit, sie solle nicht beleidigt sein, dass Corvin sich vor ihr fürchte, er habe eben in seinem Leben noch nicht viele Greifen getroffen. Erleichtert sah sie, wie Saphira verständnisvoll nickte.

Ihr Vater hingegen war zuerst hastig einen Schritt zurück getreten, als Saphira sich ihm genähert hatte. Dass dieses Wesen nun auch noch mit ihm sprach, machte die Sache nicht unbedingt besser… Auch wenn er es ja von dem Partner seiner Frau kannte. Aber der war auch ein Einhorn, das war etwas ganz anderes! Einhörner waren dafür bekannt, friedliebende und harmoniebedürftige Geschöpfe zu sein, mal ganz abgesehen davon, dass sie Pflanzenfresser waren. Corvin schluckte. Dann hockte er sich ganz langsam hin und blickte Saphira in die strahlend blauen Augen.

„Ich… ähm… freue mich auch, dich kennen zu lernen. Bist du… ich meine, naja, verstehst du dich mit meiner Tochter?“

Bei dieser Frage musste Neva sich alle Mühe geben, nicht loszuprusten. Stattdessen rollte sie mit den Augen, kniete sich neben die Greifin und legte ihr die Arme um den Hals.

„Was soll denn das jetzt heißen! So schlimm bin ich doch wohl auch wieder nicht, oder?“

„Bist du nicht.“

Liebevoll stupste Saphira sie in die Seite. Dieses innige Verhältnis zwischen seiner Tochter und der Greifin schien ihren Vater irgendwie zu beruhigen. Zögernd streckte er eine Hand aus und strich Saphira durchs Gefieder, was diese mit einem zufriedenen Gurren hinnahm.

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Re: [Single] Heimwärts

Beitragvon Neva » Sa 21. Sep 2013, 12:59

„NEVAAAAA!“

Kaum hatte sie sich aufgerichtet, wurde sie schon wieder fast von den Füßen gerissen! Und nun hatte man offenbar auch noch entschieden, sie zu erwürgen. Das jedenfalls schloss sie aus dem Klammergriff, der sich vollkommen unangekündigt um ihren Hals gelegt hatte. Etwas verlegen ob dieser begeisterten Begrüßung murmelte sie in das wallende schwarze Haar in ihrem Gesicht:

„Ja, ich freu mich auch, dich wiederzusehen, Cala… aber würdest du mich bitte loslassen? Ich bekomm keine Luft.“

Grinsend trat die Ältere einen Schritt zurück.

„Hallo, kleine Schwester! Schade, dass ihr dann doch so schnell wart, es war so schön ruhig hier ohne dich!“

„Ja, ich liebe dich auch von ganzem Herzen.“

„Oh, tatsächlich? Dann muss ich wohl irgendwas falsch gemacht haben…“

Zur Antwort streckte Neva die Zunge heraus und wandte sich an Saphira, die das ganze Theater mit leicht schief gelegtem Kopf betrachtet hatte. Nun fixierte sie das schwarzhaarige Mädchen.

„Ich nehme mal an, du bist Calantha?“

Die Angesprochene nickte.

„Ist das deine Partnerin, Neva?“

„Ja, aber das könntest du sie auch einfach selbst fragen!“,

fiel ihr die weiße Greifin leicht vorwurfsvoll ins Wort. Als Calantha sich verwundert zu ihr umblickte und sich höflich entschuldigte, einen Schritt näher trat und sie behutsam umarmte, war sie jedoch schnell wieder versöhnt.

„Wo steckt denn Linus?“,

wechselte Neva nun das Thema. Ihr jüngerer Bruder war normalerweise der Erste, der Neuankömmlinge begrüßte und entsprechend überrascht war sie, dass er sich bisher noch nicht hatte sehen lassen.

„Der schläft hoffentlich endlich“,

schaltete sich nun Corvin wieder ein.

„Ich hatte Calantha schon vor einer Weile gebeten, ihn ins Bett zu bringen, aber er wollte unbedingt noch wach bleiben und abwarten, ob ihr noch heute Abend ankommt.“

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