von NPC » Do 28. Dez 2017, 21:49
Die Stimmung in „Ross Wirt“ kippte. Die fröhlich schnatternden, trinkenden und speisenden Gäste verstummten zusehends und richteten ihre Aufmerksamkeit auf das Spektakel, das in ihre Schenke eingekehrt war.
Emma hatte erfolgreich die Aufmerksamkeit der ganzen Belegschaft auf sich gezogen. Spätestens jetzt hätte Aleister sie bemerkt, wenn er denn dagewesen wäre. Stattdessen keine Spur von dem Sidhe weit und breit und auch kein Arm, der aus der Menge schnellte mit einem „Den hab ich gesehen!“
Die Leute begannen zu nuscheln.
„Sie hat Geri umgenietet!“ „Habt ihr das gesehen?“
„Was willst du, hä!?“, krähte ein junger, pausbackiger Bursche vom Tisch rechts neben dem Eingang voller Empörung. Den Krug in seiner Hand hielt er so fest, dass die Adern hervortraten. Für einen Moment sah er aus, als wolle er aufstehen und Emma an die Gurgel springen, aber als er den Kumpel mit der blutigen Nase entdeckte, plumpste sein Po auf die Sitzbank zurück, was seine Freunde in schallendes Gelächter versetzte. „Keine Ahnung, wer das ist, aber er muss ziemlich dämlich sein, eine Hübsche wie dich hier allein zu lassen. Setz dich doch zu uns!“, rief der, der am lautesten gelacht hatte, zwinkerte und machte eine auffordernde Geste mit seiner Hand.
Ein paar Leute lachten nervös. Man konnte regelrecht sehen, wie die Gäste sich in zwei Lager spalteten - die Rauflustigen mit den wilden Augen und vorfreudigem Händepatschen und die Ängstlichen, die nicht so recht wussten, wo sie hinschauen sollten und in ihre Sitze versanken.
„Hau ab da jetzt, die Leute wollen bestellen!“ Eine Frau mittleren Alters von einem anderen Tisch donnerte ihre Faust hart auf die Platte. Sämtliches Geschirr sprang klirrend in die Höh` und Eintopf schmierte auf den Boden. „Dein Kerl ist nicht hier und jetzt verpiss dich!“ Laute Zustimmung aus jeder Ecke. Ein paar Männer standen auf und drängten sich langsam nach vorne, den Blick entschlossen auf die Ruhestörerin geheftet und ein boshaftes, trunkenes Grinsen im Gesicht.
„Um Himmels Willen!“ Die hagere Wirtsfrau schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Ihre Haut, die sich wie sonnengebleichtes Leder über ihre spitzen Wangen spannte, wurde blutleer. Das war nicht gut! Das würde noch in eine Schlägerei ausarten! Zitternd verteilte sie den letzten Krug in ihrer Hand und schnellte ins obere Geschoss. „Heribert, Heribert! Komm schnell!“, schrie sie spitz.
Einen Moment später kam sie mit einem Mann im Schlepptau nach unten gepoltert. Und keine Sekunde zu spät. Der Mann hatte einen hochroten Kopf, einen ausgeprägten, zotteligen Backenbart und trug eine schmutzige Schürze. Schwer atmend erfasste er die Situation und gellte dann:“Die nächste Runde geht aufs Haus!“
Lautes Johlen und Klatschen. Die Männer, die sich Emma genähert hatten, waren stehengeblieben und stimmten fröhlich mit ein. Selbst Geri, dem Kerl, dem sie eins verpasst hatte, sprang vom Boden auf als wäre er wieder 20 und pfiff.
Der Wirt fitschte um die Theke und tippte Emma an die Wade. „Kommt da sofort runter! Wenn ihr jemanden sucht, dann fragt gefälligst nächstes Mal meine Frau! Ich bringe Euch in Euer Zimmer. Euer Begleiter..kommt einfach mit.“
Heribert, der Wirt, wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und achtete darauf, dass Emma ihm folgte. Im Vorbeigehen schnappte er einen Schlüssel vom Haken an der Wand und ging schnurstracks die Treppen hoch, die zu den Zimmern führten. „Erst war er da, ist dann aber wieder gegangen. Kurioser Fall!“, schnaubte er und hustete kurz. „War ein Dieb in seinem Zimmer. Haben ihn auf frischer Tat ertappt, den Kerl! Eigentlich wollte ich hinter ihm her aber...er bestand darauf.“ Keuchend blieb der Mann vor einer Tür am Ende des Ganges stehen, nahm den Schlüssel in die Hand und öffnete sie. Die Tür glitt ins Zimmerinnere. Definitiv eine der besseren Behausungen hier. Die Luft war einigermaßen erträglich und jemand hatte geputzt. Auch das Bett sah frisch bezogen aus und wenn Emma sich nicht täuschte, glänzte im hinteren Teil Metall wie von einem...Zuber? Nein, eher einer Wanne. Nicht eines der Prachtstücke, die Ongar besaß, aber was konnte man von Pferdemenschen schon erwarten?
Der Wirt ließ den Schlüssel in Emmas Handfläche fallen. „Ihr könnt mich oder meine Frau immer rufen, wenn Ihr was braucht. Aber nicht mehr so ein Spektakel wie gerade bitte, ist schlecht fürs Geschäft. Soll ich Euch Bescheidgeben, wenn Euer Begleiter hier auftaucht? Könnt natürlich auch draußen Euer Glück versuchen.“
20. Kiriat, abends
Den Tumult, den Emma in Ross Wirt heraufbeschworen hat, entschärft der Wirt in letzter Sekunde. Er führt sie zu ihrem Zimmer und informiert sie darüber, dass Aleister, der sich eigentlich mit ihr treffen wollte, draußen auf der Jagd nach einem Dieb ist, der zuvor in sein Zimmer eingebrochen war.
Spieler: Emma
NPCs: Wirt und Wirtin des Gasthauses, div. andere
verfasst von: Aleister