von Aleister » Sa 1. Jul 2017, 16:50
Aleister stolperte fast, als Ongar sich an ihm vorbeidrängte und ihm nur noch ein "Hör zu, ich muss noch schnell in meine Kammer... ich würde sagen wir treffen uns in ca. 10 Minuten an der Küche. Ich beeile mich, versprochen." zuwarf.
„Sicher.“, entgegnete er, die Wogen seines Mantels sorgsam glättend, aber seine Worte erreichten ihn nicht mehr.
Fasziniert beobachtete er, wie die Füße seines neuen Gefährten voller Inbrunst über den Steinboden davonschlitterten.
Was auch immer es mit dieser Überraschung auf sich hatte, es versetzte ihn in helle Aufregung. Genug, um für einen Moment zu offenbaren, was sich hinter der Mauer des Schweigens versteckte, die den blassnasigen Novizen umgab.
Auch wenn er für Ongar eine gewisse Sympathie empfand - was nicht letztendlich an der Situation lag, in der sie beide sich empfanden - so würde Aleister es doch klar bevorzugen wenn er für sich behielt, was immer er zu unterdrücken gelernt hatte.
Schulterzuckend setzte der Halbelf seinen Weg in Richtung Küche fort, die Schultern gerade, das Kinn gereckt. Die Blicke und das Flüstern der vorbeiziehenden Novizen schwebten irgendwo in Sphären unter ihm, genau wie ihre Köpfe. Leer wie das Gefasel, das aus ihren Mündern quoll. Ein schwacher Trost, wenn er bedachte, dass ein Rindvieh wie Patalder einen Partner abgesahnt hatte, er jedoch nicht.
„Aleister. Du schaust schon wieder so grimmig.“, riss eine helle Stimme den Novizen aus einer Gedankenspirale, die drohte, rapide abwärts zu führen. Fast war er ihr dankbar.
„Neriem? Solltest du nicht auf dem Weg zur Feier sein?“, entgegnete er, ohne sich zu ihrer Quelle umzudrehen.
„Dachte, ich schau mal nach dir. Bonifas kümmert sich jetzt um dich, hab ich gehört? Du kannst dich glücklich schätzen, er scheint sehr nett zu sein.“, plapperte sie in einem fort, während sie den Halbkreis um den Jungen vollendete und ihn mit einem schelmischen Zwinkern begrüßte.
Verlegen wandte er den Blick ab. „Kann schon sein. Bin wenigstens nicht der Einzige.“
„Ja, hab es gehört. Irgendwas mit „O“, nicht wahr? Oskar vielleicht? Hab ihn kurz gesehen, aber irgendwie kommt er mir nicht bekannt vor. Du fällst ja gleich auf, aber das ist ja auch nicht schwer. Sag, bist du schon wieder gewachsen?“ Sie lachte.
Das musste sie gerade sagen. Mit ihrem langen, lockigen, weißblonden Haar und ihrer zierlichen Gestalt war Neriem eine Königin unter den restlichen Novizinnen, zu denen die Pubertät weitaus weniger gönnerhaft gewesen war, so fand er. Er mochte keine Mädchen, fand sie einfältig und geschwätzig, aber sie...mochte er sie? Er wusste es nicht. Er wusste nur es war schwer, sie anzuschauen. Sie, die so anders war als er - beliebt und geliebt, von Schülern und Mentoren gleichermaßen. Das einzige, was sie eigentlich gemeinsam hatten, war ihr elfisches Erbe. Bei Neriem schlummerte dieses jedoch nur in großmütterlicher Seite, wenn er sich nicht irrte. Eine „Viertelfe“ scherzte sie stets und dass sie als „ einzige Spitzohren hier zusammenhalten mussten“. Ihre einzige andere Gemeinsamkeit, den Novizenstatus, würde sie heute Nacht verlieren, zusammen mit vielen anderen.
„Ein Einhorn, hab ich recht? Glückwunsch. Es passt zu dir.“, überging Aleister ihr Gescherze und streifte ihre Gestalt kurz mit seinem Blick. Es war wirklich zu passend, dass ein solch reines Geschöpf sich zu ihr gesellte. Einhörner waren nur wenigen als Partner vergönnt und ungefähr genauso selten wie Drachen. Wenn nicht noch seltener. Eine Sidhe, wie aus einem Bilderbuch.
„Lunielle heißt sie.“, erzählte sie voll Stolz. „Ich stelle sie dir gerne vor, heute...ich meine, morgen oder übermorgen. Wenn Zeit ist. Ehm...es tut mir leid, dass es nicht geklappt hat. Aber gibt nicht auf, Aleister, ja? Ich glaube ganz fest daran, dass du deinen Partner - oder deine Partnerin - findest.“, schwenkte Neriem um und lächelte. Zum ersten Mal hielt er ihrem Blick stand. Sekunden vergingen, die sich wie Minuten anfühlten.
Lunielle... Einhornartiger konnte ein Name wohl nicht sein. Aber er war nicht neidisch. Er gönnte es ihr. Aber nur ihr.
„Ich muss jetzt los.“, schnitt Aleister das Gespräch ab. Nicht nur, dass der Blickkontakt langsam peinlich wurde, jetzt weckte er auch noch ihr Mitleid.
„Dann...man sieht sich ja?“
Eine Hand erhoben, machte er sich von dannen, tief in Gedanken versunken.
Den Küchenkomplex konnte der Novize wittern, bevor er ihn überhaupt sah. Düfte von gebratenem Fleisch, exotischen Gewürzen - die seiner heimischen Küche nicht unähnlich - und Wein schlugen ihm ins Gesicht wie ein tonnenschwerer Hammer.
Alkohol. Aleister rümpfte die Nase. Wenn er einen Geruch hasste, dann diesen. Dieser Gestank von süßlich-saurer Verwesung. Es reichte, dass er Zuhause jahrelang aus jeder Pore seines Vaters damit bombardiert worden war. Die Erwachsenen hier waren nicht anders. Oder waren es bloß die Sidhe, die so gerne nach der Flasche griffen? Nein, wahrscheinlich nicht. Egal wer, sie alle suchten ihren Trost in der Flasche, das hatte er gelernt.
Sich mit der Hand notdürftig das bisschen an geruchsneutraler Luft zufächelnd, das noch vorhanden war, wartete er auf Ongar, der wie versprochen nicht lange auf sich warten ließ. Mit erhobenem Daumen erreichte er alsbald seine Seite, mit einem Brustkorb, der pumpte wie ein Blasebalg.
„Du bist ganz schön flink. Dann gehen wir mal.“
Aleister öffnete die Tür zur Küche und eine Wand aus den Gerüchen, die schon draußen so allgegenwärtig war, kam den Jungen entgegen. Die Küche selbst war geräumig und, wie konnte es anders sein, im Moment sehr belebt. Köche und Mägde umringten einen großen Küchenkomplex, wie es sie sonst nur in Herrenhäusern gab, auf dem zahlreiche Töpfe und Pfannen schmorten; ein heilloses Gewirr aus Gelächter, Geplapper und Befehlen sprang zwischen den erhitzten Köpfen umher. Keiner nahm auch nur Notiz von den Jungen, die sich leise eingelassen hatten.
„Ich glaube, Erklärungen sind heute nicht notwendig.“, bemerkte Aleister trocken und deutete Ongar mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. Wie ein Wiesel huschte der größere Junge zwischen den umhereilenden Körpern umher, weit nach hinten, wo das Personal sich merklich verringerte und sie alsbald abgeschnitten waren vom Geschehen weiter vorne. In diesem halboffenen Raum war niemand mehr, jedenfalls im Moment, wie Aleister freudig bemerkte. Er grinste Ongar zu und tappte dann mit seinem Fuß gegen eine Falltür, die im Holzboden fast nicht auffiel.
„Das ist sie. Einer der möglichen Gänge zur Speisekammer, was auch interessant sein kann, und zu unserem Ziel.“
Mit einem Schwung öffnete der Halbelf die Tür und ließ Ongar als erstes ein, bevor er wieder die Führung übernahm und sie beide schnurstracks durch die Speisekammer führte. Ganz ohne Umwege zu den Köstlichkeiten, deren Zahl an anderen Tagen wahrscheinlich großzügiger ausfiel. Eine Treppe führte nach oben. Die Luft hier begrüßte sie mit dem fauligen Geruch von Abfällen, die irgendwo hinter einer Ecke schmoren mussten. Die schmale Gasse selbst, umrahmt von fensterlosen Gebäuden, führte geradeaus leicht nach oben und vor einer Wand, behängt mit Klettpflanzen, blieb er dann endlich stehen. „Hier ist es. Ist nicht allzu weit nach oben. Und die Dinger hier halten ganz schön was aus.“
Aleister griff nach einer Handvoll der Pflanzen und krallte sich daran fest. „Du kannst hinter mir her, wenn du dich unsicher fühlst. Aber ich habe das Gefühl, ist nicht dein erstes Mal.“
Mit behäbigen Bewegungen quälte der Halbelf sich nach oben. Er hasste klettern. Ein Meter mehr und er hätte diesen Ort vielleicht nie entdeckt. Oben angekommen zog er sich aufs Dach und wartete er auf seinen Kumpanen, der aussah, als würde ihm die Kraxelei um einiges leichter fallen.
Die Aussicht war wie versprochen - hoch gelegen, aber nicht zu hoch und den Zeremonienplatz gut im Blick. Neben ihnen stand ein Turm so günstig gelegen, dass man schon ganz genau gucken musste, um die beiden zu entdecken. Das Dach schrägte sich in Richtung Platz dann etwas ab, was esbeiden Novizen ermöglichte, zu sitzen. Noch war unten nicht viel los, aber bald würde sich das ändern.
„Ich wünschte, wir hätten was mitgehen lassen. Aus der Speisekammer meine ich.“ Mit einem Seufzen ließ Aleister sich nieder und beobachtete die Gesichter unten die er kannte oder auch nicht.
vor langer Zeit
Aleister trifft auf dem Weg zur Küche Neriem, eine weitere Novizin seines Jahrgangs, die versucht ihm Mut zuzusprechen. Er wimmelt sie ab und wartet vor der Küche auf Ongar, mit dem er problemlos bis aufs „geheime Dach“ schleichen kann.
Spieler: Ongar, Aleister
NPCs: im Moment keine
火の無い所に煙は立たぬ