von NPC » So 26. Jun 2016, 13:33
Das vermaledaite Kind brachte ihre eine Sitzgelegenheit und half ihr zwar zugegebenermaßen zügig und korrekt, jedoch viel zu kleinlaut und zittrig. „Ich fress dich nicht! Hör auf dich zu zieren. Du sollst zierlich wirken, aber gleichzeitig anmutig und mit fließenden Bewegungen! Nicht dieses Gehusche!“, korrigierte sie also halblaut das Kind. Der Knicks, der auf ihre Ausführung folgte und mit dem sich Quarina bedankte, war dagegen tadellos und mit einem Nasenrümpfen und Brummen quittierte die alte Dame dies auch. „Kann ich euch eine Erfrischung anbieten?“, fragte die junge Frau mit deutlich mehr Selbstvertrauen und dem richtigen Maß an unterwürfigen Wohlwollen. Ein knappes Nicken seitens der Matrone und das Mädchen eilte angemessen, nach einem weiteren Knicks, ebenfalls hinter die Theke um ein kleines Tablett zusammenzustellen mit einer Erfrischung. Nun, da Quarina außerhalb ihres Sichtfeldes hantierte, wandere der Blick der Dame zu dem übriggebliebenen Anwesenden. Die Augenbrauen zogen sich zusammen und den Kopfgeldjäger erwartete eine lange Minute des Anstarren. Die Miene änderte sich nach besagter endlosen Minute. Die höfliche Verbeugung war ihr zwar nicht entgangen, aber man sah ihr nun an, dass sie mehr erwartete. Und da sie, trotz ihres Wissens und Rufes, eine ungeduldige Person war, ließ sie dem fremden jungen Mann auch nicht wirklich eine Chance auf ihren Blick zu reagieren und fing direkt zu sprechen an: „Und ihr seid?“, kam es beinahe schnarrend und abgeklärter, als nötig. Deutlich mahlten die Mühlen im Kopf der alten Frau, wie sie versuchte von Talibors Gestalt und Äußerem auf seinen Charakter, Verdienst und Vorhaben zu schließen. Sie zückte sogar einen kleinen Block aus einer Rockfalte, friemelte einen in Holz gefassten Kohlestift dazu, schlug ein Blatt auf um wiederum einen säuerlich, aber erwartungsvollen Blick zu dem Hünen zu werfen. In dem Moment kehrte auch Gunfried zurück, etwas eingestaubt, aber mit neutral zufriedenem Gesichtsausdruck. In der Hand eine bauchige, getönte Flasche. „Fräulein von Wespin, hier hab ich genau das Richtige für einen vorzüglichen Braten!“, erklärte er ihr und stellte seinen geborgenen Schatz auf den Tresen. „Wie? Meine Tochter gab euch noch nichts zu trinken?“, stellte der Hausherr etwas verstört fest, um flugs zwei Krüge hervorzuholen und diese auch zu füllen. Ein Seitenblick auf Talibor, eine kalkulierende Stille und auch der Kopfgeldjäger bekam einen Becher zugeschoben, die Miene des Ladenbesitzers ernst und eindringlich. Dass der junge Herr ihm jetzt nur nicht in Verlegenheit brachte! Es folgte ein eindringliches und kurzes Gespräch über die Vorzüge des halbtrockenen Weines und seiner Tauglichkeit für besagten Braten, gefolgt von einer Auseinandersetzung, wie besagter Braten am besten zubereitet sein sollte, passend zum Wein, und mit welchen Beilagen und mit welchen Vor- und Nachspeisen abgerundet. Dadurch schwatze der alte Gunfried der Schreckschrulle noch einen zusätzlichen leichten Wein auf, der zu einer seichten Suppe unbedingt angeboten werden sollte, während Fräulein von Wespin sich noch zwei Krüge Kostproben ergaunerte und man ihr eine eindringliche Röte in den Wangen nun ansah. „Aber Herr Vater! Du kannst einer Dame doch keinen solchen schweren Wein anbieten bei diesem Wetter!“, unterbrach nach zehn Minuten Quarina die Szene, die nun geschlagene zwei Minuten wieder den Raum betreten hatte, nachdem sie ihn kurzzeitig verlassen hatte (in neuem Kleid, sauberen Schuhen, hochgesteckter Frisur und roten Wangen und ja, ein Tablett mit einer Erfrischung und kleinen Häppchen war auch dabei) und das Ganze mit Resignation verfolgt hatte. „Entschuldigt die Übereifrigkeit meines Herrn Vaters; kann ich euch für eine Weinschorle, die den Magen nicht belastet, begeistern und Rhababerteigtäschchen?“, wandte sich die nicht mehr so schüchterne Ladenstochter an die Matrone, die ihre höflichen Worte mit verärgerten Augen verfolgte. „Oh, und hat mein Herr Vater euch unseren Gast vorgestellt? Einen vollendeteren Gentleman findet ihr in ganz Port Amun nicht!“, erklärte die junge Frau und warf Talibor einen verträumten Blick zu. „Freches Gör, ich bekomm den Alten schon noch weich, dann wirst du Böden scheuern in meiner Schule, bis dir die Flausen aus den Ohren davonlaufen!“, murrte Fräulein von Wespin sehr leise in ihr nun viel zierlicheres und sehr viel wenigprozentigeres feines Glas.
(Tenebrae)
17. Kiriat, Mittag
Talibor, Gunfrid, Quarina, Fräulein von Wespin
Talibor bekommt Wein spendiert, kleiner Zickenkrieg zwischen Fr. von Wespin und Quarina