von Lianna » So 15. Feb 2015, 10:56
Lianna stützte sich müde auf ihren Hirtenstab, endlich hatte sie ihr Ziel erreicht. Ihre Geburtsstadt. Port Amrum.
Sie war kleiner und schmächtiger als andere Menschen in ihrem Alter, so dass man sie obwohl sie gerade volljährig geworden war, gut um 5 Jahre jünger schätzen könnte.
Ihre ersten Lebensjahre hatte sie in den Stollen der Zwerge Erze abgebaut, und war dadurch erstaunlich klein geblieben.
Im Vergleich mit anderen Zwergen fiel das nicht weiter ins Gewicht, doch hier in der Großen Stadt konnte man sie leicht übersehen.
Ein Gewirr von Stimmen war zu hören. Emsig wie ein Bienenstock.
Das Mädchen war barfuß, und sie merkte, wie der grasige Untergrund zu einem Kiesweg wurde, der rechts und Links von glatten Randsteinen umfasst war.
Um nicht auf dem Kies laufen zu müssen balancierte das Mädchen auf dem Randstein entlang, um kam sich dabei vor wie eine von den Zirkusartisten, von denen ihr der Gelehrte der Zwerge erzählt hatte. Seiltänzer.
Diese hatten einen kleinen Schirm, oder einen Stab, welchen sie zum balancieren vor sich hielten.
Moment einmal, einen Stab hatte sie auch.
Gepackt von ihrem kindlichen Übermut hielt sie ihren Blindenstock wie einen Balancierstab und setzte freudig summend einen Schritt vor den anderen.
Das machte wirklich Spass.
Sie musste sich sehr konzentrieren, denn nun kam es ganz auf das Gefühl in ihren Füßen an, um ihren Weg über den Marktplatz zu finden. Denn Sehen konnte sie nicht.
Man roch dem salzigen Geruch des Meeres. Und Lianna hörte einige Seemöven, die wohl darauf warteten einen Happen Fisch oder einen Krümel zu ergattern.
Sie war schon ein kleines Stückchen vorangekommen, da steigerte sich das Summen und Brummen der Masse.
Hier waren viele Leute unterwegs.
Doch diese Leute in dieser großen Stadt hatten für die Spielereien der jungen Blinden nichts übrig.
Auf einmal wurde sie von jemandem unsanft angerempelt, der sich dafür nicht einmal entschuldige.
Unsanft landete sie auf dem Kiesweg und schürfte sich Knie und Hände auf.
Die kleinen Steinchen fühlten sich spitz an, sie hob eines auf und drehte es zwischen den Fingern.
Irgendetwas war merkwürdig daran. Ob dieser Kies aus den Mienen kam?
Denn das Steinchen fühlte sich so an, wie ein winziges Stück Erz das sie damals mit ihrer Freundin Lupine in den Stollen abgebaut hatte.
Doch wie sollte der Kies, so wie sie selbst durch das Land wandern, um gerade hier eine Staße zu werden.
Lächelnd wischte sie den scheinbar albernen Gedanken fort. Den Stein jedoch steckte sie ein.
Als sie ihren Fund in ihrer Tasche verstaut hatte, zog sich das junge Mädchen mit dem langen hellbraunen Haar langsam an ihrem Hirtenstab hoch,und klopfte ihr einfaches aus grobem Leinen gefertigtes Kleid ab, um Kies und Dreck zu entfernen.
Da wurde sie noch einmal am Ellenbogen gestreift, und jemand schien nach ihrem Beutel zu greifen. Hatte sie sich das eingebildet?
Erschrocken drängte sie sich gegen die Stadtmauer, um der Masse von Menschen aus dem Weg zu gehen.
Wer sollte sie denn schon bestehlen. Sie hatte doch nicht eine kleine Kupfermünze dabei.
Mit ihrem Stab tastete sich dann an den groben Steinen entlang.
Die Stadtmauer, hier hatten ihre Eltern gelebt.
Ob sie wohl ihren Unterschlupf finden würde?
Ihr guter Geruchssinn warnte sie vor einem Haufen Yakmist, der vor ihr auf dem Kiesweg lag.
Doch ihren Stab hatte sie schon hineingetunkt.
Leise fluchend versuchte sie den Mist von der Spitze ihres Stabes zu entfernen, indem sie ihm im Kies wälzte.
Endlich bekam sie den Dreck fort.
Sie roch noch einmal daran. Hmm, war gar nicht mehr so schlimm.
Erleichtert sog sie die würzige Hafenluft ein und blieb einen Moment lang stehen.
Doch nun begann Liannas Magen sich zu melden, denn unter den Geruch von Yakmist und Fisch mischte sich der Geruch nach leckeren, frischgebackenem Brot, ganz in ihrer Nähe.
War eine Backstube gar nicht weit von hier?
Sie ließ sich von diesem Geruch leiten, schwebte ihm fast entgegen, bis ihr Kopf gegen einen Fensterladen stieß.
"Au!" entfuhr es ihr, doch während sie sich den Kopf rieb hatte sie scheinbar die Quelle des guten Geruches gefunden.
Oh wie roch es hier gut nach frischem Brot.
Doch hatte sie kein Geld bei sich um ein Stück davon davon zu erwerben.
Ein wenig schmollte sie und sie wollte schon weitergehen, und den guten Geruch hinter sich lassen, da kam ihr eine Idee.
Sie schnürte ihre Tasche auf und holte die apricotfarbene Decke heraus, welche sie vorsichtig auf dem Kies ausbreitete.
Im Schneidersitz setzte sie sich darauf und spielte auf ihrer Hirtenflöte eine Melodie für die vorbeiziehenden Passanten um vielleicht eine Münze damit zu verdienen.
Ihre Melodie klang wie damals als sie in den Bergen Schafe hütete. Die Berge klangen nach in ihrem intuitiv gespielten Lied, sie dachte dabei an die fröhlichen springenden Lämmer und die gemächlich grasenden Muttertiere, die sie immer an die Plätze mit den schmackhaftesten Kräutern geleitet hatte.
Die Kraft dieser Landschaft fehlte ihr hier, und sie bekam ein wenig Heimweh. Heimweh nach diesem weiten Land der Zwerge, nach dem Geruch der Luft, nach dem Wetter, das Gefühl des morgens, nach den leichten Tautropfen auf den Gräsern und nach dem Geruch der Gräser und Kräuter um diese Jahreszeit.
Selbst nach den dunklen mosig riechenden nasskalten Stollen unter der Erde, und den Geräuschen den die Spitzhacke beim Graben machte.
Eine junge Möwe flog heran, und setzte sich auf die Fensterbank, um den fremden Klängen zu lauschen.
Als sie ihr Lied beendet hatte, streckte die Bardin Lianna voller Hoffnung beide Hände aus, um von den Zuhörern vielleicht eine Münze zu erhalten.
Es war ganz ruhig, nur aus dem Haus hinter ihr, drangen leise Geräusche an ihr Ohr.
Das Geräusch wenn zwei Becher Bier aneinanderschlagen. Sie befand sich wohl unter dem geöffneten Fenster einer Gastwirtschaft, nicht etwa vor einer Bäckerei, wie sie angenommen hatte. Drinnen im Schankraum war es auch still geworden.
Ihr kindliches Gesicht, mit den grünen blinden Augen blickten hoffnungsvoll ins Leere, da sie anstatt der vielen Menschen in und um die Gastwirtschaft nur samtige Schwärze wahrnahm und ihre Welt in Schatten getaucht war.
Ein hoffnungsvolles Lächeln auf ihren Lippen.
[Lianna setzt sich vor das offene Gasthausfenster und spielt ein Zwergenlied]
Zuletzt geändert von
Lianna am Mo 16. Feb 2015, 16:35, insgesamt 2-mal geändert.
Charaktere:
Lianna mit Kleidermotte Kheled, Acalanthis mit Waldkauz Strix, Zoe, Laily,
NPC:
Wirtin Rosalind mit Katze, Heganbor der Zwerg