von Lianna » Mi 11. Mär 2015, 07:13
Ein fröhliches Pfeifen und dumpfes Pochen ließ Lianna aufblicken. Die Melodie oder Tonfolge kannte sie nicht. Doch das war nicht weiter verwunderlich, denn die Lieder der Zwerge aus dem Falkengebirge unterschieden sich sehr von denen die hier in der Hafenstadt gespielt wurden. Was sie ja auch schon in der Schankstube gemerkt hatte.
Die Worte des Fremden aus der Schenke drangen gedämpft an ihr Ohr, und als der Hocker herangerückt wurde, merkte Lianna, dass das Geräusch anders klang, als sie es gewohnt war.
Ein Kleid? Dieser Fremde brachte ihr ein Kleid? Aber sie konnte doch gar keines bezahlen?
Was würde er wohl als Gegenleistung verlangen.
Sie war so verblüfft, dass sie außer eines:
"Vemu .. hmmkkhhnn.. ai-menu" nicht viel über die Lippen brachte. Und sich dann nicht einmal darüber klar war, dass sie immer noch zwergisch sprach.
Dies war so surreal das musste ein Traum sein. Aber warum war dann alles so dunkel, als würde sie wach sein?
Sie kniff sich in den Arm. Es tat weh. Außerdem begann die Stelle an der sie die Bettwanze gestochen hatte wieder zu jucken, oder war es etwa ein neuer Stich, nachdem sie die Bettwanzenfalle vor dem Frühstück noch abgebaut hatte?
Sie war also wach. Der fremde wohlriechende Mann saß auf einem Hocker an ihrem Bett und hatte ihr ein Kleid mitgebracht.
Obwohl sie von dem Geruch nach Haarwässerchen und feiner Seife fast nichts mehr roch. Der Geruch von Petroleum raubte ihr fast die Sinne.
Als sie sich im Bett aufrichtete wurde ihr leicht schwindelig.
Sie wollte etwas sagen, doch aus ihrem Munde kamen nur gestotterte Wortfetzen.
Leicht biss sie sich auf die Lippe, war peinlich berührt.
Das ihr jetzt die Sprache wegblieb, war ihr sichtlich unangenehm. Doch dies war nicht das Einzige, das ihr nicht passte.
Die kleine Bardin war zu stolz um jemandem etwas schuldig zu bleiben, und ging wie von Sinnen in Gedanken ihre Besitztümer durch: Ein Satz apricotfarbener Babykleidung, komplett mit Hütchen und Söckchen, eine weiche Decke in apricotfarbener Farbe, eine Hirtenflöte, ein Blindenstock, der Brief ihrer Mutter, Ihre Entlassungspapier aus dem Kinderheim, ihre Geburtsurkunde, ein Stückchen hartes Brot, aber nein. Das Brot hatte sie gegessen.
Nichts was den Wert eines Kleides aufwiegen würden, und alles Dinge, die sie nötiger brauchte als das Kleid. Bis auf die Babykleidung, welche in Seidenpapier eingeschlagen ganz unten in ihrem Rucksack lag.
Aber der Fremde hatte sicherlich kein Interesse an kunstvoll bestickter Babykleidung.
Anstatt sich zu freuen erschien eine Sorgenfalte auf ihrer Stirn.
Sie schüttelte leicht den Kopf um den dumpfen Klang loszuwerden, so als würde sie unter einer Käseglocke sitzen.
Dann dachte sie, sie hätte vielleicht Wasser in den Ohren, oder einen Druck darauf, als wäre sie zu schnell mit der Lore im Minenschacht gefahren.
Sie bewegte ihren Kiefer, doch das Gefühl, dass die Geräusche nur gedämpft an ihr Ohr kamen hielt an.
Das war eine Katastrophe für eine Blinde.
Verließ sie sich doch sonst immer nur auf ihr Gehör.
Sie steckte ihren Zeigefinger in ihr Ohr und begann daran herum zu kneten, aber es nutzte nichts, außer dass sie bemerkte, dass sie die Ohren beim Waschen häufiger einmal ausgelassen haben musste. . .
Erneut wollte sie etwas sagen, doch aus ihrem Mund kam nur ein heiseres Husten.
Tastend fühlten ihre Finger nach dem knisternden Seidenpapier, in das das Kleid eigeschlagen war, und erkannte den weichen Stoff. Blitzschnell zuckte ihre Hand zurück, so als hätte sie sich verbrannt.
Dies war kein grobes Leinen. Dies war Stoff den man nicht mit ungewaschenen Fingern anfasste.
Er war von ähnlich hoher Qualität wie die Babysachen und ihre Decke, die aus dem Besten vom Besten bestanden hatte, was ihr Vater, der Schneider und Beutelschneider jemals verarbeitet hatte. Allerdings war er neu, und nicht fast 17 Winter alt.
Ein Stoff der nicht bestimmt war, für mittellose Waisenkinder wie sie... und doch fühlte er sich seltsam vertraut an. Um solch ein Kleid ab zu bezahlen müsste sie Schafe hüten und musizierend von Gasthaus zu Gasthaus ziehen, bis sie alt und grau war.
Hilflos sah sie Bartholomeus an, doch dort, wo er eben noch hin und her marschiert war, stand er nicht mehr, mit ihrem nun recht unpräzisen Gehör, konnte sie nicht mehr ausmachen, wo im Raum sich ihr vertrauter Freund befand, was sie schier zur Verzweiflung brachte.
Sie fühlte sich so unheimlich hilflos in dieser Situation. An das nicht sehen können hatte sie sich von klein auf gewöhnt, doch dass ihr perfektes Gehör sie nun im Stich ließ, traf sie wie ein Schlag in die Magengrube.
[Lianna ist verwirrt über das Geschenk und fühlt sich zerschlagen]
Zuletzt geändert von
Lianna am Sa 14. Mär 2015, 12:17, insgesamt 1-mal geändert.
Charaktere:
Lianna mit Kleidermotte Kheled, Acalanthis mit Waldkauz Strix, Zoe, Laily,
NPC:
Wirtin Rosalind mit Katze, Heganbor der Zwerg