von Bernhard » Do 29. Jun 2017, 10:19
Zitternd und schwer atmend stützte sich Bernie auf den Stock. Das Blut rauschte in seinen Ohren und er schwankte zwischen Angst, Überwältigung und unbändiger Triumphstimmung, während er auf den Wolf sah den er niedergestreckt hatte. Das Biest rührte sich nicht mehr. Einer der Wölfe die Taran getreten hatte regte sich ebenfalls nicht mehr, die anderen Biester hatten die Flucht angetreten. Tah! Aus irgendeinem Grund musste Bernie grinsen. Einen Wolf mit einem Stock erlegen! Das sollte ihm mal jemand nachmachen! Die Freude währte allerdings nur kurz, denn ein paar Sekunden später krachte eine weitere jaulende Bestie von oben hart auf die Wiese. Kurz danach folgte Taran, der sich schwer hinkend zu Bernie hinüberschleppte.
Bernie sah es und der Anblick sorgte für ein fieses, schmerzhaftes Stechen in seiner Brust, beinah so als hätte sich ein Pfeil dort hineingebohrt. Während des Kampfes war ihm schon aufgefallen das sich zusätzlich zu seiner eigenen Angst noch eine weitere hinzugesellt hatte. Tarans Angst. Um ihn. Bernie war nur so sehr mit dem Wolf beschäftigt gewesen, das er dem keine Aufmerksamkeit hatte schenken können. Doch die ganze Sache rührte etwas in ihm und brachte ihn dazu seinem Partner entgegen zu eilen. Taran tat ihm leid. Der Vogel war bockig und widersprüchlich, und egal wie sehr Bernie ihn vorher noch verteufelt hatte, nun schien das alles so nebensächlich zu sein. Der Vogel brauchte Hilfe. Bernie konnte ihn doch nicht einfach so stehen lassen! Es fühlte sich so komplett falsch an, auch nur daran zu denken.
Die ersten Gedanken des Vogels galten Bernie und das machte die ganze Sache nur noch schlimmer. Verdammt noch mal! Mit Egoismus hätte der Junge ja noch umgehen können, aber Taran war so... besorgt. Er schien sich nicht um sich selbst zu sorgen, sondern nur um den dämlichen und unfreundlichen Menschen, der nur durch irgendeinen ironischen Wink des Schicksals mit ihm verbunden war.
Taran nahm die Partnersache verdammt ernst. Und genau das rührte ihn Bernie etwas, etwas das er schon lange rausgerissen und irgendwo weggeworfen hatte. Sorge. Sorge um jemand anderen.
Erstmalig, nun da der Kampfesrausch nachließ, bemerkte Bernie ein unangenehmes Brennen an seiner Seite. Er guckte hin und sah, das sich sein Hemd an einer Stelle rötlich verfärbt hatte. Ah Mist, wann ist das denn passiert? Als ihn der Wolf angesprungen hatte, musste er ihn wohl mit den Krallen erwischt haben. Bernie guckte sich das flüchtig an, seine Aufmerksamkeit hing aber nur allzu deutlich woanders. „Ja, alles okay. Nun n paar Kratzer“, meinte er kopfschüttelnd und schob Tarans Bedenken beiseite. „Aber was ist mit DIR? Dich hat's richtig erwischt.“ Allein schon das Bein... Bernies Sorge wuchs stetig.
„Lass mal ansehen... bitte.“ Bernie konnte sich nicht erinnern wann er das letzte Mal dieses Wort verwendet hatte. „Kannst du dich vielleicht hinlegen oder so?
Taran kam dieser Bitte nach und Bernie kniete sich zunächst hin um das Bein näher zu untersuchen. Durch das Herumgeschleudere und die Tatsache, das der Wolf dabei mit seinem ganzen Gewicht an der Stelle gehangen war, war aus dem Biss ein großes und ziemlich hässliches Loch geworden, das stark blutete. „Ah... das ist übel.“ Locker bleiben Bernie. Du schaffst das. Tief durchatmen. Er ermahnte sich selbst zur Ruhe und versuchte sich auf das zu besinnen, was er gelernt hatte. Er würde Taran so gut wie möglich erklären was er da eigentlich tat, während er versuchte mit den vorhandenen Mitteln sein möglichstes zu tun.
Bernie wühle in seinem Rucksack, schnappte sich ein Ersatzhemd und sein Messer und schnitt zunächst einen der Ärmel ab. Oberhalb der Wunde wickelte er diesen um das Bein und machte mithilfe eines Stöckchens eine Art Druckverband daraus. Immerhin ließ die Blutung so fast nach... aber diese Verletzung war soweit jenseits von Bernies Möglichkeiten wie es überhaupt ging. Das war keine Lösung so... keine dauerhafte. „Uhm... okay... also... kannst du hier deine andere Pranke drauflegen und das festhalten? Das soll nicht wieder aufgehen während ich mir den Rest von dir ansehe.“ Taran kam auch dieser Bitte nach. „Ja genau so. Gut.“ Bernie stand nun auf und ging um Taran herum. Eine weitere Verletzung klaffte in der Seite des Hippogreifen. Die sah aber nicht so schlimm aus. Zumindest nicht alarmierend schlimm.
Bernie zog weitere Teile seiner Ersatzkleidung aus dem Rucksack und schnitt diese mit dem Messer in längliche Streifen, die er dann aneinanderknotete bis es die richtige Länge erreicht hatte. „Okay. Das kann jetzt vielleicht ein bisschen... wehtun.“ Bernie drückte leicht die Überreste seines Hemdes auf die Wunde und band den Kleidungsstreifen einmal um Tarans Körper, sodass er das Hemd damit auf der Wunde befestigen konnte. Das würde die Blutung zumindest hemmen und viel mehr konnte Bernie im Moment auch nicht tun.
Er ging wieder nach vorne und kniete sich neben Taran. Die Verletzung an der Seite sah so aus als müsste sie genäht werden, war aber an sich nicht so ernst. Aber das Bein... was um Himmels Willen sollte er damit anfangen? Ratlos und nervös fuhr sich Bernie mit der Hand durchs Haar, wobei er sich allerdings unbeabsichtigt überall mit Blut beschmierte. Seine Hände waren voll damit, ebenso wie der Großteil seiner ganzen Vorderseite.Aber das war ihm in diesem Moment völlig egal. Wieder einmal kam die Angst in ihm hoch, sowie das lähmende Gefühl von Nutzlosigkeit und Zweifel. Er war wiedereinmal nicht gut genug. Er war zu schlecht um seinem Partner zu helfen, wo der doch so viel riskiert hatte und sich ehrlich, ehrlich und wirklich um ihn sorgte.
„Okay... eh...“ also das sieht echt übel aus. Verdammt, was sollte er tun? Irgendwas musste ihm doch einfallen! Bernie starrte mit wachsender Panik auf die Verletzung und fluchte leise vor sich hin.
Dann endlich kam ihm eine Idee und ein kleiner Hoffnungsschimmer suchte sich seinen Weg durch die hilflose Ratlosigkeit. Es war zwar nicht mehr als ein Stohhalm nach dem er griff, aber was gab es zu verlieren? „Äh... mir ist mal gesagt worden, Hippogreife können Heilungsmagie bewirken? Ist da was dran?“
18. Kiriat , früher Nachmittag
Tarans Verhalten verursacht einige Risse in Bernies harter Schale. Er macht sich Sorgen und will helfen. Versorgt notdürftig Tarans Verletzungen und ist ratlos was er sonst noch tun kann.
Bernhard, Taran
Bernhard hat geschrieben:„Ach komm schon, das war keine Lüge sondern erweiterte Wahrheit.“