Hugins Spott darüber, sie habe die anderen Novizen zurückgelassen, tat Freya lediglich mit einer verächtlich hochgezogenen Augenbraue ab. Die jungen Sidhe-Anwärter sollten inzwischen durchaus imstande sein, auch mal für eine Weile auf sich selbst aufzupassen - es würde nicht mehr lange dauern, dann musste jeder von ihnen seine ersten Missionen allein in der Wildnis bewältigen, nur von ihrem zukünftigen Partner begleitet und unterstützt. Da konnten sie sich ruhig schon einmal daran gewöhnen, nicht ständig von der Mentorin bemuttert zu werden, schließlich konnte man nicht Selbstständigkeit nicht früh genug lernen. Außerdem war Hugin wohl kaum der Richtige, Freya unterlassene Pflichten gegenüber ihrer Gruppe vorzuwerfen und die Novizen als hilflos auf sie angewiesen hinzustellen; immerhin war er derjenige gewesen, der sich selbst für durchaus imstande befunden hatte, ohne sie zurecht zu kommen, und dadurch seine Gruppe in Gefahr gebracht hatte, dass er seinen Wachposten verließ. Doch bevor sie irgendeine Entgegnung formulieren konnte, war der Novize schon einen Schritt weiter und sprach sie nun auf die Verletzung des jungen Suavis an.
Dessen Verunsicherung hatte Freya durchaus bemerkt, auch wenn sie ihm augenscheinlich keine weitere Beachtung geschenkt hatte. Es war eher schwer, nicht zu bemerken, wie eingeschüchtert das Tier war. Aber das war ja eigentlich auch kein Wunder, verwundet und dann gleich von zwei Menschen und einer anderen Suavis überrumpelt – und dem vollkommen dreckverkrusteten Fell nach zu urteilen war das noch nicht alles, was der Kater bisher heute erlebt hatte – da war es nur verständlich, wenn das alles etwas viel auf einmal war. Seufzend nahm sie eine weniger dominante Haltung ein, die hoffentlich auch weniger bedrohlich wirkte, und entschied, dass die Standpauke wohl abermals aufgeschoben werden musste. „Na dann lass mal sehen“, gab sie mit Blick auf die Verletzung nach. Der Suavis war inzwischen allerdings zu einem wimmernden Knäuel hinter Hugin zusammengeschrumpft. Die Mentorin blickte aufmerksam zwischen ihm und Fatima hin und her. Diese verstand den Wink und zog sich ein paar Schritte zurück, hielt sich im Hintergrund.
Offenbar hieß der Suavis Krolon, jedenfalls hatte Hugin ihn eben so genannt. Die Tatsache, dass er bereits den Namen des Tieres kannte, bestärkte Freya in der Ansicht, dass die beiden Partner waren. Abermals vernahm sie die telepathischen Worte, die Hugin an den Steppensuavis richtete. Es rührte sie, wie er dem Tier Mut zusprach; so sanft hatte sie Hugin noch nie erlebt! Mochte unter dessen harter Schale wohl doch ein weicher Kern schlummern?
Nun hockte sie sich hin, wodurch sie auf Augenhöhe mit dem fremden Suavis kam. Eine verängstigte Raubkatze konnte gefährlich sein, das wusste sie nur zu gut, doch sie spürte Fatimas Anwesenheit nur wenige Schritte hinter sich, und außerdem wirkte das Tier ohnehin so, als würde es eher die Flucht ergreifen, als ihr etwas zu tun. Solange sie ihm also die Möglichkeit dazu ließ, gab es gewiss keinen Grund zur Beunruhigung. Stattdessen versuchte sie, möglichst völlige Ruhe auszustrahlen, denn Krolon musste ihr vertrauen, wenn sie sich an seiner Verwundung zu schaffen machen würde. Ihre grünen Augen suchten forschend diejenigen des Katers, während sie freundlich fragte: „Du heißt also Krolon? Erlaubst du vielleicht, dass ich mir deine Flanke ansehe? Hugin hat dich zwar gut versorgt, aber ich verstehe etwas mehr von der Heilkunst als er. Ich bin seine Mentorin, und das dort ist meine Partnerin Fatima. Ich hoffe, er hat dir nichts allzu Schreckliches über uns erzählt – der gute Hugin kann mich nämlich nicht ausstehen!“ Bei diesem letzten Satz lächelte sie und warf dem Novizen einen kurzen Blick zu, der sagte, dass das nicht ganz so ernst gemeint war. Dann wandte sie sich Krolon wieder zu und legte den Kopf etwas schief. „Nun, darf ich? Das muss doch ziemlich wehtun!“
Sie begann, sich dem Tier langsam zu nähern, darauf konzentriert, es nicht zu verschrecken. Dabei bekam sie jedoch aus dem Augenwinkel mit, wie der Rest ihrer Schar lautstark ebenfalls eintrudelte. Verärgert über die Störung hielt sie inne und blickte auf. Anscheinend hatten ihre Lehren in Sachen geräuschlose Fortbewegung und vorsichtiges Auskundschaften einer Situation nicht so wirklich gefruchtet… Hoffentlich würden die Novizen den Kater nicht doch noch verschrecken, indem sie dort aus der Böschung getrampelt kamen wie eine Horde wildgewordener… nun, eine Horde wildgewordener Sidhe-Novizen eben.
Sie hätte der getupften Suavis-Dame ja telepathisch einen Hinweis gegeben, diese Radaubrüder zunächst auf Abstand zu halten, doch Fatima hatte das Problem längst selbst erkannt und sich ärgerlich mit dem Schweif schlagend vor den Neuankömmlingen aufgebaut. Den hünenhaften Jungen, der es für notwendig gehalten hatte, bei seiner Ankunft einen unpassenden Witz zu reißen, fuhr sie mit angelegten Ohren und gebleckten Zähnen an. Der Kerl war ihr ohnehin schon nicht grün, weil er ständig Streit provozierte, und so sah sie den Zeitpunkt gekommen, ihn ein wenig zusammenzustauchen. Immerhin: Als sie mit ihrem Tadel fertig war, blickte er in einer Mischung aus Trotz und vielleicht auch schlechtem Gewissen zu Boden und zuckte unbestimmt mit den Schultern. Angesichts der Situation ließ Fatima das mal als Entschuldigung durchgehen und noch einmal ihren Blick strafend über die Gruppe wandern.
Dabei registrierte sie, dass Luun irgendwie etwas mitgenommen aussah – abgebrochene Zweige im Haar, Dreck und Kratzer im Gesicht und auf der Kleidung inklusive. Doch jetzt war wohl kaum der richtige Zeitpunkt, mit einer Novizin zu diskutieren, warum sie plötzlich beschlossen hatte, als lebende Fichte herumzulaufen. Stattdessen brummte sie den Schülern nur warnend zu: „So, und bevor ihr das nächste Mal in eine Situation ungefragt hineinplatzt, denkt vorher mal gründlich darüber nach, ob das der richtige Weg ist. Vielleicht erinnert ihr euch ja dunkel, dass es da mal so eine Lektion zum Thema Fortbewegung in der Wildnis gab, mal ganz abgesehen von der allgemeinen Frage der Höflichkeit und der Tatsache, dass Freya euch gewiss angewiesen hat, auf sie zu warten. Und jetzt tut ausnahmsweise mal, was man euch sagt, und bleibt da stehen, wo ihr seid, anstatt noch mehr zu stören.“
Das war gröber gesagt, als sie es gemeint hatte, doch auch Fatima hatte bemerkt, wie Hugins potenzieller Partner sich verkrampft hatte, und wollte vermeiden, dass er doch noch die Flucht ergriff. Hoffentlich entpuppte er sich nicht grundsätzlich als so ein Angsthase, dachte die Getupfte verächtlich, doch sie hütete sich, diesen Gedanken irgendjemanden merken zu lassen. Stattdessen streckte sie sich lang auf dem Boden aus, unmittelbar zu Füßen der Novizen, und bildete so durch ihre Präsenz eine halb sichtbare, halb eingebildete Barriere, die die Gruppe der jungen Sidhe-Schüler von ihrer Partnerin, Hugin und Krolon trennte. Aufmerksam wandte sie sich wieder letzterem Grüppchen zu, während ihre Schwanzspitze gespannt in einem regelmäßigen Takt auf den Boden schlug. Ein Ohr hatte sie auf die Novizen in ihrem Rücken gerichtet, doch die würden nun hoffentlich klug genug sein, ihrer Anweisung zu folgen. Eigentlich war es ja kein Wunder, dass Krolon Angst hatte. Sie selbst war von Menschen aufgezogen worden, doch das war bei ihm sicher anders. Vielleicht half es ja, wenn sie als Suavis noch einmal auf ihn zuging. „Entschuldige den Auftritt dieser Rabauken, Krolon. Sie sind eben noch Junge, die nicht immer wissen, wie man sich zu benehmen hat. Du scheinst noch nicht viel Erfahrung mit Menschen zu haben, darf ich fragen, woher du kommst und was dich in diese Gegend verschlägt? Einen wie dich sieht man hier selten.“
Dankbar warf Freya ihrer Partnerin einen Blick zu. Hoffentlich würde sie den Kater etwas beruhigen und ablenken können. Im Vertrauen darauf näherte sie sich diesem langsam weiter, bis sie ihn schließlich fast erreichen konnte. Doch war sie nun auch nur noch wenige Handbreit von dessen scharfen Reißzähnen entfernt. So warf sie Hugin einen aufordernden Blick zu und deutete mit dem Kopf in Richtung Krolon. Vielleicht konnte er den Kater ja darin bestärken, dass sie ihm nichts tun würde.
Schließlich beugte sie sich vor und legte ihm ganz sanft die Hand auf den Rücken.
16. Kiriat, MorgenFreya sieht ein, dass sie sich zunächst um Krolons Wunde kümmern sollte. Geht vorsichtig auf ihn zu, wird jedoch von der Ankunft der restlichen Novizen unterbrochen. Fatima fährt diese für ihr unangemessenes Verhalten an und hält sie, so gut es geht, von Krolon fern. Versucht dann, den verängstigten Kater zu beruhigen. Freya erreicht Krolon und berührt ihn vorsichtig.
Freya, Krolon, Hugin, Luun(OOC: Und nochmal eine Riesen Entschuldigung, dass ich es nicht früher hinbekommen habe...

Habe die letzten Tage nichts anderes gemacht als Kartons auszuräumen und meinen mobilen Hotspot auch nicht gleich zum Laufen bekommen... Nun gehts aber und die Kisten sind soweit leer, also stehe ich wieder zur Verfügung.

*Noch schnell eine große Packung Schokolade dalässt*)